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Wirtschaftsausblick | Norwegen

Norwegische Wirtschaft wächst 2025 robust

Norwegen investiert Rekordsummen in Öl und Gas – trotz grüner Ambitionen. Gleichzeitig boomen bilaterale Partnerschaften: Von Wasserstoff bis Schiffbau entstehen neue Allianzen.

Von Judith Illerhaus | Stockholm

Top-Thema: Investitionsboom in der Öl- und Gasindustrie erwartet

Norwegen gilt zwar als Vorreiter bei erneuerbaren Energien. Trotzdem werden für jede norwegische Krone, die in diesen Bereich fließt, schätzungsweise 27 Kronen in die Öl- und Gasindustrie gepumpt. Laut nationalem Statistikamt SSB soll im Jahr 2025 ein Rekordbetrag von umgerechnet knapp 22 Milliarden Euro in die Branche investiert werden.

Auch die Regierung setzt weiter auf Öl und Gas. Dies zeigt sich an der Anfang Mai 2025 veröffentlichten Ausschreibung für die Öl- und Gasförderung (Awards in Predefined Areas, APA 2025), der bislang größten Lizenzierungsrunde auf dem norwegischen Kontinentalschelf. Die APA-Runden sind ein zentrales Instrument zur Sicherung der langfristigen Förderkapazitäten und sollen helfen, den erwarteten Rückgang der Öl- und Gasproduktion nach 2030 abzufedern.

Insgesamt werden 76 neue Gebiete zur Exploration ausgeschrieben – 68 davon in der Barentssee. Die Regierung betont dabei Norwegens Rolle als verlässlicher Energielieferant für Europa und finanziert mit den Einnahmen zugleich die Transformation hin zu einer klimaneutralen Wirtschaft.

Wirtschaftsentwicklung: Stabiler Kurs für die norwegische Wirtschaft

Norwegen ist mit einer soliden wirtschaftlichen Entwicklung in das Jahr 2025 gestartet. Dabei beruht der Aufschwung auf einer breiteren Basis als in den Vorjahren, als die Wirtschaft von den hohen Preisen für Öl und Gas – allen voran nach Ausbruch des Ukrainekrieges – profitiert hatte. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) ohne Öl und Gas (das sogenannte Festland-BIP) wird 2025 voraussichtlich um 1,2 Prozent zulegen, schätzt SSB. Der private Konsum gewinnt an Bedeutung, gestützt durch steigende Reallöhne und eine stabile Beschäftigungslage. Auch der Wohnungsbau, der in den letzten Jahren stark eingebrochen war, zeigt erste Anzeichen einer Erholung.

Ein wichtiger Treiber bleibt die norwegische Fiskalpolitik. Die Regierung investiert kräftig – unter anderem in Verteidigung und Infrastruktur. Auch der Ukraine stellt das Land hohe Mittel zur Verfügung. Dabei greift sie auf den staatlichen Ölfonds zurück. Mit einem Wert von aktuell umgerechnet 1,6 Billionen Euro zählt dieser zu den größten Staatsfonds weltweit.

Interessant ist die Eröffnung eines weiteren Staatsfonds in Tromsø (Statens fond i Tromsø) Anfang Juni 2025, der als strategisches Ergänzungsinstrument zur norwegischen Staatsfondsarchitektur verstanden werden kann. Der Fonds ist mit einem Startkapital von etwa 1,3 Milliarden Euro ausgestattet, die in kleinere börsennotierte Unternehmen im nordeuropäischen Raum investiert werden.

Außenhandel als Stabilitätsanker

Trotz der angespannten weltwirtschaftlichen Lage und geopolitischer Spannungen zeigt sich Norwegens Außenhandel bemerkenswert widerstandsfähig. Laut Nordea, Nordeuropas führendem Finanzkonzern, wird die norwegische Exportwirtschaft 2025 nur geringfügig von den globalen Handelskonflikten beeinträchtigt. Neue US-Zölle auf norwegische Produkte betreffen lediglich einen kleinen Teil der Exporte. Der Großteil des Handels findet mit Europa statt – und hier bleibt Norwegen gut eingebunden. Ein entscheidender aktueller Vorteil: Die norwegische Krone bleibt gegenüber dem Euro schwach, was die Wettbewerbsfähigkeit norwegischer Exporteure stärkt. Für 2025 rechnet Nordea mit einem Anstieg der Exporte um rund 3 Prozent.

Die Inflation bleibt 2025 ein Thema, vor allem bei Lebensmitteln und Mieten. Allerdings erwartet das Statistikamt SSB, dass sich die Teuerung im Laufe des Jahres weiter abschwächt auf letztlich 2,7 Prozent. Die norwegische Zentralbank Norges Bank hat Zinssenkungen bisher aufgeschoben, könnte aber im Herbst damit beginnen, so die Einschätzung der SEB Bank im Mai 2025. Aktuell liegt der Leitzins bei 4,5 Prozent.

Deutsche Perspektive: Maritime Wirtschaft rückt mehr in den Fokus

Die deutsch-norwegische Zusammenarbeit gewinnt weiter an Dynamik. So investiert der norwegische Staatsfonds gezielt in deutsche Windparks, während das Raumfahrtunternehmen Isar Aerospace aus Ottobrunn bei München Trägerraketen für norwegische Satelliten liefern soll. Auch im Wasserstoffbereich entstehen neue Allianzen: Das norwegische Unternehmen GreenH und der deutsche Vermögensverwalter Luxcara planen eine großskalierte Produktion von grünem Wasserstoff in Norwegen. 

Auch die maritime Zusammenarbeit zwischen beiden Ländern gewinnt an Bedeutung. Thyssenkrupp Marine Systems und Kongsberg Defence & Aerospace planen, beim Bau neuer Fregatten zu kooperieren. Mit Ulstein Verft liegt bereits eine Absichtserklärung für eine Zusammenarbeit vor, sollte Thyssenkrupp den Auftrag zum Bau der nächsten Fregatten der norwegischen Marine erhalten. Auf der Fachmesse Nor-Shipping präsentierten Anfang Juni rund 60 deutsche Aussteller innovative Lösungen – organisiert von AHK Norwegen und VDMA. Ergänzend fand im Mai 2025 eine Geschäftsanbahnungsreise des Markterschließungsprogramms nach Trondheim statt.

Auch der norwegische Plan für die nationale Infrastruktur dürfte für Interesse bei deutschen Unternehmen sorgen. Konkret plant die staatliche Straßenverwaltung Statens vegvesen für 2025 die Ausschreibung von 28 Tiefbauprojekten mit einem Gesamtvolumen von rund 1,9 Milliarden Euro. Im Fokus stehen die Modernisierung des Lærdalstunnels, Arbeiten am Unterwasserstraßentunnel Rogfast bei Stavanger sowie Beratungsdienstleistungen für den Straßen- und Bahntunnel Arna-Stanghelle.

Auffallend ist die starke Gewichtung von Klima- und Umweltkriterien, die bei der Angebotsbewertung mit bis zu 30 Prozent einfließen sollen. Deutsche Tiefbauer könnten hier gute Chancen haben – vorausgesetzt, sie bringen Erfahrung mit norwegischen Standards und Vergabeverfahren mit. Lokale Partnerschaften können dabei strategisch sinnvoll sein.

Weitere Informationen finden Sie auf unserer GTAI-Länderseite.

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